Georg Friedrich Späth / Täter

Aufseher der zur städtischen Zwangsarbeit verpflichteten jüdischen Männer war 1940 der ehemalige SA-Mann Georg Friedrich Späth. Seine Schikane und Erpressungen prägten den Alltag der ihm unterstehenden Juden. Späth verband den staatlichen Terror mit persönlichen Aggressionen und ergriff jede Chance zur Bereicherung.

Kindheit und Vorkriegszeit

Georg Friedrich Späth wird am 05.10.1890 in Darmstadt als viertes von sechs Kindern geboren. Er verlässt die Volksschule 1904 und arbeitet als Plattenleger und Ofensetzer. 1908 erhält er eine Gefängnisstrafe von fünf Wochen wegen Körperverletzung.

Familie und Beruf

Elisabeth Schmidt heiratet er auf Heimaturlaub, nachdem er im August 1914 in die Armee eingezogen wurde. 1917 kehrt Späth invalide nach Hause zurück. Die Kinder, ein Sohn und eine Tochter, werden 1919 und 1922 geboren. Ab 1918 arbeitet er selbstständig, ist auch häufiger erwerbslos, hat Alkohol- und Geldprobleme und misshandelt seine Frau, so dass er auf ihren Antrag hin am 17.04.1929 ins Philippshospital Goddelau eingewiesen wird. Späth wird am 15.11.1929 entmündigt und Elisabeth Späth reicht Februar 1930 die Scheidung ein. Im März 1930 wird Späth dann entlassen und arbeitet zunächst wieder in seinem Beruf. 1934 heiraten er und Elisabeth Späth erneut. Kurz nach dem Krieg wird sie wegen der Denunziation Rudolf Anthes, eines Bekannten, bei der Gestapo am 07.Mai 1945 von der amerikanischen Militärregierung verhaftet.

Parteizugehörigkeit

Späth tritt nach Eigenaussage im Meldebogen 1931 in NSDAP und SA ein; nach Ermittlungen der Militär Regierung beginnt die „politische Belastung“ 1929 mit Eintritt in SA und NSDAP. Die frühe Mitgliedschaft ermöglicht ihm 1933 für ein paar Monate eine Anstellung bei der AOKK Darmstadt. Nach kurzer Zeit wird er wegen der Unterschlagung von Beiträgen entlassen. Trotzdem wird er im städtischen Tiefbauamt angestellt. Späths Ausschluss aus der Partei und SA findet 1934 statt: aufgrund eines Beschwerdeschreibens gegenüber SA-Führern, das er weitergibt und er „Schimpfworte übelster Art gegen SA-Führer“ aussprach (HStAD Bestand N 1 in Nr. 118 (Debus, Friedrich).

Der Prozess

In der Zeit Februar 1940 bis Juni 1940 arbeitet Späth als Aufseher der jüdischen Zwangsarbeit beim Darmstädter Tiefbauamt. Nachdem bekannt wird, dass er sich im Amt bereichert hat, wird er am 02.06.1940 verhaftet und am 23. Dezember 1940 wegen Bestechlichkeit zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt. Den Juden wird dagegen eine Verurteilung wegen Bestechung angehängt. Die Haftstrafe verbüßt Späth in Darmstadt und Amberg. 1945 bemühte er sich um Wiedereinstellung bei der Stadtverwaltung und einen Erlass des Ehrverlustes, eine Strafe aus dem Prozess von 1940. Bei der Überprüfung dieser Anfrage stieß man auf Hinweise auf Späths Taten als Aufseher und leitete eine Untersuchung ein.

Die Vernehmung von Zeugen und Ermittlungen zur Zwangsarbeit und dem Prozess 1940 beginnen bereits 1946. Die Gerichtsverhandlung findet 1948 statt, wird aber unterbrochen, da ein psychologisches Gutachten angeordnet wird. Späth wird daraufhin im April 1948 im Philippshospital Goddelau eingewiesen. Nachdem der zuständige Arzt sein Gutachten vervollständigt hat, wird der Prozess im Juni 1948 eingestellt.

Karen B. äußert sich zur Projektarbeit: Was geben Quellen her? Welche Herausforderungen stellen Recherche und Sichten von Archivalien an einen? Vor allem wenn man sich, wie sie, mit einer Täterbiografie beschäftigt. Karen B. begründet ihre Entscheidung und geht den Fragen nach, was individuelle Gewalt und Tatexzesse ausmachen. Dies sind ihre Themen.  Aber sie zeigt auch, wie sich durch individuelle Rechercheschwerpunkte schnell „Expertenwissen“ entwickelte und das Team vom gegenseitigen Austausch profitierte. 

Landgericht Darmstadt 2020

Die Uhr, die du mir gegeben hast, bekommst du nicht mehr, denn die brauche ich und du kommst ja doch fort.“ (E. Eckstein).

Kommunale Arbeiten als Repressionsmaßnahme
Der Einsatz jüdischer Zwangsarbeiter in Darmstadt

Im Winter 1939/40 sind vermutlich 38 Juden für verschiedene Aufgaben in Darmstadt und Umgebung als Zwangsarbeiter eingesetzt. Elise Eckstein, die Ehefrau eines der Arbeiter, nennt: „1.) Aufbrechen der festgefrorenen Straßen, 2.) Reinigen von alten Mülleimern mit einer ätzenden Flüssigkeit, 3.) Umgraben eines steinigen Ackers zu einem Kartoffelacker, 4.) Straßenbauarbeiten an der Bergstrasse und zwar nur Steineklopfen und tragen derselben auf grössere Entfernungen, 5.) Kohlenausladen bei der Reichsbahn und den Kohlehändler[n] von Darmstadt.“ Neben den staatlichen und gesellschaftlichen Repressionen, denen die beteiligten Juden ohnehin schon ausgesetzt sind, verhält sich der städtische Vorarbeiter Georg Friedrich Späth zusätzlich sadistisch und nutzt seine Situation als Aufseher perfide aus, um sich zu bereichern. Seine Aufsicht ist von Brutalität und Schikane geprägt.

Zwangsarbeiter unter dem städtischen Aufseher Späth

Späth handelt generell übergriffig und rücksichtslos, beansprucht zu jeder Zeit das Geld und die Zeit der Juden und sucht sie und ihre Angehörige sogar in ihren Wohnungen heim. Im Arbeitsalltag kam es zu zahlreichen kleineren und größeren Vorfällen. Kranke durften nicht zu Hause bleiben und Bezugsscheine für Kleidung, die Späth ausgibt, müssen extra bezahlt werden. Als Gretel Meyer selbst einen Schein besorgt, „schrie und tobte“  er. Elisabeth Schäfer berichtet, ihr Mann habe Späth Geld geben müssen, um nicht schikaniert zu werden, ebenso wenn er wegen der Auswanderung der Familie einen Termin hatte. Frau Ranis, eine ältere Dame, fordert er auf, ihm Geld zu geben, und als sie dies nicht verweigert, würgt er sie, bezeugt Elise Eckstein. Er erpresst auch Wertgegenstände, bspw. soll Jakob Eckstein ihm eine Uhr reparieren und für die Zwischenzeit eine Ersatzuhr aushändigen, die Späth hinterher mit den Worten einbehält: „Die Uhr, die du mir gegeben hast, bekommst du nicht mehr, denn die brauche ich und du kommst ja doch fort.“ (E. Eckstein).

Mehrere Zeugen geben an, Späth habe sich an der symbolischen Entlohnung, die die Kohlehändler entrichten mussten, bereichert und „sich […] den Sonntag bezahlen l[assen].“ (Karl Wolf). Elise Eckstein berichtet, von den 0,75 M Stundenlohn habe Späth 0,25 M einbehalten und am Sonntag sei er bei Kohlearbeiten mit einer „selbst angefertigte[n] Liste“ herumgegangen und habe sich seine Überstunden bezahlen lassen. Späth selber behauptet, laut medizinischem Gutachten im Spruchkammerverfahren 1948, weder die Kohlebetriebe, noch die Behörden hätten ihn an Sonntagen bezahlt.

Handeln im Auftrag der Gestapo?

Späth gibt vor, im Auftrage der Gestapo zu handeln, und droht den Juden immer wieder, sie zu melden. Seine Schikanen beinhalten klar antisemitischen Terror, so bspw. den mehrfach bezeugten Spruch, den die Juden jeden Morgen vor der Arbeit aufsagen sollen: „Wir Juden sind schuld am Krieg, deshalb müssen wir vernichtet werden“. Zeugenaussagen von Elise Eckstein und Anna-Marie Gans, Betty Landauer und Gretel Meyer, die ebenfalls Ehefrauen der Zwangsarbeiter waren, zeigen, dass diese angebliche Verbindung den Juden durchaus plausibel erscheint. Er habe „Hand in Hand mit der Gestapo [ge]arbeitet“, so Gans. Ehemalige Kollegen Späths äußern sich hier skeptischer. „Er spielte sich großartig auf, rauchte ständig Zigaretten und gab an im Auftrage der Gestapo zu handeln“, sagt Paul Schubert, der zur selben Zeit wie Späth als Vorarbeiter für das Tiefbauamt tätig war, 1948 vor Gericht aus. Zu den Sonntagsarbeiten meint er, sie geschahen „unter der Behauptung im Auftrage der Gestapo zu handeln. […] Er hat hierzu gar keine Berechtigung gehabt. Entweder waren das nun Schikane von ihm oder es geschah, um bei den Kohlenhändlern einen Vorteil zu genießen.“

Späth nutzt die Gestapo als Schreckgespenst, um seinen Erpressungen Nachdruck zu verleihen. Dass ausgerechnet ein als unzuverlässig bekannter Angestellter an/von höherer Stelle Einfluss gehabt/Weisung erhalten haben soll, klingt zunächst unwahrscheinlich. Doch dies ist für die Zwangsarbeiter nicht erkennbar. Sie haben schließlich die Erfahrung gemacht, dass staatliche Organe sich ihnen gegenüber ebenso brutal und willkürlich verhalten wie Späth.

Die Ettesterstraße in Arheilgen. Das Haus Nr 1 1/2, in dem die Späths wohnten, steht nicht mehr in seiner damaligen Form

Karen B. spricht über die Biografie von Georg Friedrich Späth.
Sie zeigt, wie die SA-Mitgliedschaft Späth persönlich und beruflich nutzte und welches Persönlichkeitsprofil im Spruchkammerverfahren gegen Friedrich Späth (Urteil 1948) deutlich wird.

Besonders hat sie im Blick, wie das Gericht mit Zeugenaussagen und dem medizinisch-psychologischen Urteil umging und die Frage der „Zurechnungsfähigkeit“ ins Zentrum der Urteilsentscheidung rückte. 


EinBlick in Strukturen

„Bei der nach der Machtergreifung durch die Nazis wieder in Betriebnahme der Allgemeinen Ortskrankenkasse Darmstadt, wurden u.a. alte Nationalsozialisten, auch Fritz Späth eingestellt, die die Stellen der entlassenen Beamten auffüllten.“ Georg Krämer, 1947

Späth und die SA

Die SA-Mitgliedschaft Späths ist für seine Biografie bedeutsam, weil sie ihm einerseits ein gewisses Maß an gesellschaftlicher Integration ermöglicht und andererseits seine beruflichen Aussichten verbessert.

Der Umgang mit seinen SA-Kollegen ist, wenn vielleicht auch nicht der Beginn wunderbarer Freundschaften, für den frisch aus der Anstalt entlassenen Arbeitslosen eine Möglichkeit soziale Kontakte mit ideologisch Gleichgesinnten zu knüpfen. Vor Gericht 1948 bestätigen ehemalige SA Leute, mit denen er zu tun hatte, Jakob Rossmann, Heinrich Koch und Karl Schirrmacher, zwar Späths Unzuverlässigkeit, lassen ihn in ihren Aussagen jedoch eher in einem harmlosen Licht erscheinen. Sein Fehler sei gewesen, dass er nicht mit Geld umgehen könne, in der Kneipe immer für alle habe zahlen wollen (J. Rossmann). Man habe Späth „nicht für voll nehmen“ können (H. Koch), er habe eben gerne in Gesellschaft getrunken. Späth habe häufig einfach gemacht, was man ihm gesagt hat, man hätte ihm aber „Macht keine in die Hand geben“ sollen (K. Schirrmacher).

Die Nähe zur SA verschafft ihm 1933 die Stelle als „Altparteigenosse“ bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse, bevor er sie wegen des Unterschlagens von Beitragssummen wieder verlor. Aber seine politische Vergangenheit ermöglicht ihm die Anstellung beim städtischen Tiefbauamt. Hier wird er Jahre später als Aufseher der Zwangsarbeiter (Klageschrift 1948) eingesetzt, selbst nachdem er 1934 durch ein Beschwerdeschreiben in Ungnade fiel und aus SA und NSDAP ausgeschlossen wird.

Charakterskizze

Die biografischen Angaben im medizinische Gutachten 1948 und die Zeugenaussagen vor Gericht und während der Ermittlungen lassen mehrere Rückschlüsse auf Georg Friedrich Späths Persönlichkeit zu. Falls nicht anders angegeben, stammen die folgenden Angaben aus dem medizinischen Gutachten anlässlich des Spruchkammerverfahrens.

Späth kann nicht mit Geld umgehen. Er legt ein beinahe elsternhaftes, habsüchtiges Verhalten an den Tag, wenn er sich auf irgendeine Weise Nebeneinkünfte beschaffen kann. Bei der AOKK Darmstadt unterschlägt er Beiträge, später, als Aufseher der Zwangsarbeit, bereichert er sich durch Erpressung der Juden. Während der Weimarer Republik vertrinkt regelmäßig seinen Lohn bzw. die Wohlfahrtsunterstützung, zum Unglück seiner Frau und seiner Kinder. Gegenüber seiner Frau verhält er sich gewalttätig und unzuverlässig. Es kommt immer wieder zu Misshandlungen, auch während ihrer dritten Schwangerschaft, die Elisabeth Späth bei der Polizei anzeigt, auf Drängen ihres Mannes jedoch wiederholt wieder zurücknimmt oder abmindert. Auf ihr Betreiben wird Späth bereits 1929 in die Anstalt eingewiesen. Zu seinem Aufenthalt dort heißt es: „Auf Station hetzte Pat[ient] gerne, spielte den Unschuldigen, neigte zu maßloser Ueberschätzung seiner Leistungen, zeigte keinerlei Selbstkritik, war vorlaut und war schwer zu behandeln.“ Nach seiner Entlassung und der erneuten Eheschließung mit Elisabeth Späth verhält er sich augenscheinlich ruhig, zumindest sind keine besonderen Vorkommnisse oder Anzeichen von Alkoholmissbrauch aktenkundig. Nach eigener Aussage verbrachte er infolge der Verwerfungen mit der SA-Führung Mai/Juni 1934 ein Vierteljahr im KZ Osthofen, das jedoch im Juli 1934 bereits aufgelöst wurde. Belege für diese Behauptung lassen sich nicht finden.

1940 zeigt Späth sich als Aufseher der Juden sich klar antisemitisch und ohne jede Not sadistisch, wie bspw. bei dem Spruch, den die Juden jeden Morgen aufsagen müssen (siehe oben). Außerdem versucht er auch über die Zwangsarbeit hinaus, ihren Alltag zu kontrollieren und über ihre Arbeitskraft und Mittel zu verfügen. Möglicherweise gibt er den Juden auch die Schuld für seine persönlichen Probleme, für die er keine Anzeichen zeigt, Verantwortung zu übernehmen.

In seinen Vernehmungen weist er alle Vorwürfe von Brutalität, Erpressung und Schikane weit von sich und behauptet hartnäckig, sich gegenüber den Juden stets korrekt verhalten zu haben. Er habe sich sogar dafür eingesetzt, dass sie bei der Krankenkasse gemeldet werden. Angeblich hätten sie ihm einen Teil ihres Lohns angeboten. In seiner Version der Ereignisse schildert er sich als „wahre[n] Wohltäter“ (medizinisches Gutachten), ohne jeden Bezug zu den aktenkundigen Geschehnissen.

Der Deutung des medizinischen Gutachtens, dass der Erste Weltkrieg eine schwere Belastung für Späth darstellt, kann man sich recht einfach anschließen. Der zu Kriegsbeginn 24-jährige verliert ein Auge, hat sowohl mit psychischen Folgen, als auch mit dem beruflichen Wiedereinstieg zu kämpfen. Inwiefern Späth während der NS-Zeit im vollen Bewusstsein handelt, wurde juristische von Bedeutung. Einerseits ist es zumindest naheliegend, dass seine Erfahrungen im Ersten Weltkrieg und der exzessive Alkoholkonsum die geistigen Fähigkeiten einschränken. Andererseits fällt Späth bereits vor dem Ersten Weltkrieg (siehe Biographie) als gewalttätig auf, nach seiner Entmündigung wird er aus der Anstalt 1930 wieder entlassen und verhält sich einige Jahre unauffällig. Außerdem kann er 1939/40 über einen längeren Zeitraum hinweg planvoll genug handeln, um von den Juden einen beträchtlichen Teil ihrer verbliebenen Lebensgrundlage zu erpressen.

Philippshospital Goddelau 2020: Das Philippshosiptal übersteht den Krieg relativ unbeschadet. Späth hält sich hier 1929/1930 und ab 1948 auf.

Prozessurteil 1948

Die Urteilsbegründung von 1948, das Verfahren einzustellen, stützt sich stark auf das medizinische Gutachten des Philippshospitals Goddelau, das nahegelegt, dass sich bei Späth durch eine „psychopathische Abartigkeit“ die Trunksucht entwickelt habe und dass, zumal entmündigt, er nicht für ein Amt hätte eingesetzt werden dürfen, für das ihm „Einsicht und Intelligenz zur Führung […] fehlten.“ Im Prozessurteil steht deswegen, von einer „individuellen Verantwortlichkeit“ könne nicht ausgegangen werden, §51, Absatz 2 des STGB komme zum Einsatz. An anderen Stellen zitiert die Urteilsbegründung eins zu eins Argumente der Klageschrift der Staatsanwaltschaft und gibt ihr in allen Punkten recht, meint nur eben, man könne Späth nicht für seine Taten belangen. Fragwürdig ist die Behauptung, die Zeugenaussagen hätten „übereinstimmend“ ergeben, „daß es sich bei Späth zweifellos um einen Menschen mit geistigen Hemmungen gehandelt habe“. Die meisten Zeugen sagen gar nicht in diese Richtung aus. Karl Wolf meint sogar explizit, Späth sei „bei vollem geistigen Bewusstsein“ gewesen. Lediglich Ferdinand Kreiter, der damalige Leiter der Verwaltung des städtischen Tiefbauamtes, berichtet etwas, das genau so klingt. Karl Achenbach, ein Bekannter von Späth, meint immerhin, bei ihm sei geistig „nicht viel los gewesen“ und dass letztlich die Vorgesetzten die Verantwortung trügen.

Fazit

Späths Fall ist beispielhaft für die Handlungsräume, die das NS-Regime seinen Unterstützern ermöglichte. Die Verbindungen zwischen Staat und Partei ermöglichte die politisierte Besetzung von Stellen. Späth bekam seine Arbeit überhaupt erst wegen seiner Vergangenheit bei der SA – und das, obwohl er als korrupt und unzuverlässig bekannt war. Über einen längeren Zeitraum wurden die Regelverstöße unter seiner Aufsicht nicht bekannt. Aus dem behördlichen Umfeld heißt es, man habe andere Verpflichtungen gehabt. Die staatlichen Repressionsmaßnahmen schufen jene Trennung der Bevölkerung in Volksgemeinschaft und Juden, die erst die Voraussetzung für die persönlichen Taten Späths war und verhinderten, dass es zu einer Aufklärung gekommen wäre. Mehr noch: sie verurteilten die von Späth Erpressten. Heißt:  individuelle Motivation wurde durch das System gestützt. Für das Leben der Menschen, die ihm 1940 unterstellt waren, spielte es letztlich keine Rolle, ob Schikane und Erpressung staatlich angeordnet oder individuell motiviert war. Es führte zu ihrer Ermordung.


Abbildungen
HLA, HStAD H 3 Darmstadt Nr. 44575 (bearbeitet: Ausschnitt)

Zitate und Zeugenaussagen- wenn nicht anders angegeben aus
HHStAW 520 / 05 14522

Quellen [u.a.]
HHStAW 520 / 05 14522

HStAD Bestand N 1 in Nr. 118 (Debus, Friedrich)
HStAD G 24 1278, Bl. 126ff
HStAD H 30 DA 1948
HStAD H 13 DA 1071
HStAD H 18 DA 644
HStAD H3 DA 66586
HStAD H3 DA 44575

Sowie Entschädigungsakten (besonders von Eckstein, Nathan Landauer, Josef Mayer siehe Literaturhinweise)

Erarbeitet von Karen Bergemann


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